Die zur Zeit der klassischen „Star Trek“-Abenteuer von Kirk
und Spock angesiedelte Romanreihe um die Raumstation Vanguard wird in diesem
Band in Form einer Anthologie mit vier Kurzgeschichten weitererzählt. Dem Leser
stellt sich nun die Frage: Sind die „Enthüllungen“ lesenswert?
„Enthüllungen“ ist kein gewöhnlicher Roman der Reihe um die
Raumstation Vanguard und die Erforschung des Meta-Genoms, das auf die uralten
und mächtigen Shedai zurückgeht. Es ist vielmehr eine Anthologie von vier
Geschichten, die alle mehr oder weniger in der Taurusregion angesiedelt sind.
Die Autoren greifen dabei auf Ereignisse aus der Vergangenheit und der Zukunft
der verschiedenen Akteure zurück. Die Geschichten selbst sind nicht direkt
miteinander verbunden. Stattdessen heben sie einzelne Ereignisse und
Charakterentwicklungen hervor.
Die erste Geschichte trägt den Titel „Beinahe Morgen“ und
stammt aus der Feder von Dayton Ward. Die Erzählung ist quasi ein Prequel, zu
den Ereignissen des ersten Bandes „Der Vorbote“, da sie zeitlich vor den
dortigen Ereignissen angesiedelt ist. Die Station ist noch nicht vollständig in
Betrieb genommen, und die neue Besatzung muss sich erst einmal kennenlernen.
Besonders die Sorge vor dem wachsenden klingonischen Interesse bereitet dem
Botschafter Chetanien und dem neuen Kommandanten Diego Reyes einiges
Kopfzerbrechen. Der Verdacht drängt sich auf, dass die Klingonen auch dem
Meta-Genom auf der Spur sind. Die Handlung der Geschichte ist relativ
unspektakulär und erzählt im Grunde kaum etwas, das man nicht schon aus der Lektüre
der ersten beiden Bände erfahren konnte. Nur wird der Leser diesmal „Zeuge“ der
Ereignisse, die schließlich zu einigen der Tragödien im Verlauf der Reihe
geführt haben.
Die zweite Geschichte, für die Kevin Dilmores verantwortlich
zeichnet, trägt den Titel „Schlechte Nachrichten“ und befasst sich mit dem Reporter Tim Pennington.
Dieser hat gerade seinen größten Erfolg als Journalist gefeiert, nachdem er in
Reyes’ Auftrag streng geheime Informationen veröffentlichte. Eine ehrgeizige
junge Kollegin nimmt zu ihm Kontakt auf und bringt ihn dazu, mit ihr auf dem
Schiff des Gangsterbosses Ganz Nachforschungen anzustellen. Die Suche nach
brisanten Informationen entgleitet aber zusehends seiner Kontrolle und bringt
ihn und andere in tödliche Gefahren. Diese Geschichte wird aus der
Ich-Perspektive von Tim Pennington erzählt. Das ist ungewöhnlich für die Bücher
im „Star Trek“-Franchise.
Die Geschichte selbst hat mit der eigentlichen Romanreihe
aber nur wenig zu tun, außer vielleicht einen Grund für den Reporter zu bieten,
um sich mit T’Prynn später auf eine Reise nach Vulkan zu begeben. Die Spionagestory wäre ja durchaus spannend,
wenn sie für die Handlung der Romane nicht so belanglos wäre. Das auch vor
allem aus dem Grund, weil wir zu Beginn des vierten Bandes zwar erfuhren, dass
Pennington sich erhebliche Sorgen um T’Prynns Zustand machte. Seine unliebsamen
Erlebnisse mit den Orionern finden aber keine Erwähnung. Und auch das Schicksal
seiner jungen Kollegin, sollte Tim erheblich mehr aufwühlen, davon ist in den
bereits existierenden Romanen aber nichts zu merken. Gerade das macht die
Geschichte in meinen Augen unglaubwürdig.
Für die dritte Geschichte, die den Titel „Die letzten edlen
Männer“ trägt, hat sich der Autor Marco Palmieri etwas völlig anderes einfallen
lassen. Es handelt sich eigentlich um zwei Geschichten, die sich kapitelweise
abwechseln. Die erste nimmt den größeren Teil in Anspruch und setzt nach den
Ereignissen des fünften Romans ein. Die Handlung legt den Fokus auf Rana Desai
und Ezekiel Fisher, die auf einer Kolonie in der Taurusregion, die von ihren
Bewohnern nicht freiwillig aufgegeben wird, den plötzlichen Tod eines
Sternenflottenangehörigen aufklären. Die Kolonie soll in Zukunft nicht mehr von
der Flotte geschützt werden, und es gilt, die Kolonisten überzeugen, dass sie
den Planeten verlassen sollten, bevor die Klingonen oder die Tholianer
angreifen.
Die zweite Geschichte ist eine Rückblende in die gemeinsame
Vergangenheit von Diego Reyes, Ezekiel Fisher und dem inzwischen im Kampf gegen
die Tholianer gefallenen Kommandanten der U.S.S. Bombay, Hallie Gannon. Die
Geschichte spielt neun Jahre in der Vergangenheit. Damals kommandierte Diego
Reyes die U.S.S. Dauntless und musste bei einer Hilfsmission feststellen, dass
die Klingonen die bedrohte Kolonie besetzt haben. Die Kolonisten und die
Klingonen kooperieren scheinbar friedlich miteinander, was gelinde gesagt
völlig untypisch ist. Was führt Gorkon,
der Anführer der Klingonen im Schilde? Reyes steht vor einem Rätsel.
Beide Geschichten sind schön zu lesen und bieten ein paar
schöne Rätsel. Jedoch war für mich nicht unbedingt ersichtlich, was die beiden
Geschichten miteinander zu tun haben sollen. Die platte Erkenntnis, dass die
Dinge nicht immer so sind, wie sie auf den ersten Blick zu sein scheinen,
empfinde ich als Bindeglied jedenfalls zu schwach.
Die letzte Story „Und die Sterne blicken herab“ greift die
Handlung um Cervantes Quinn und seiner
Partnerin Bridget „Bridy Mac“ McLellan auf. Die Ereignisse spielen sich
ungefähr sechs Monate nach „Vor dem Fall“ ab. Die beiden suchen im
Geheimauftrag der Sternenflotte nach Beweisen für das Meta-Genom und den
Shedai. Ein orionischer Frachter im Gornraum könnte wichtige Informationen in
seinem Computerkern enthalten. Aber das Schiff wurde beschlagnahmt und zu allem
Überfluss hat der Gangster Ganz einen Attentäter auf Quinn angesetzt. Diesmal
darf wieder David Mack ran, und er serviert auch das Glanzstück der Anthologie.
Es gibt ein paar sehr interessante Enthüllungen, die auch gekonnt in den etablierten
Kanon eingepasst sind. Die Geschichte ist actionreich und sehr spannend, aber
das Ende war in seiner Tragik relativ leicht abzusehen. Wie gewohnt erhält
Quinn vom Schicksal ein paar sehr derbe Nackenschläge.
Fazit: Die ersten beiden Geschichte dieser Anthologie sind
zwar ganz gut geschrieben, jedoch konnte keine mich wirklich überzeugen. Die
erste kochte nur Bekanntes noch einmal auf, die zweite ist schlecht mit der
Handlung der Romanreihe verbunden. Das hätte man bestimmt auch eleganter gekonnt.
Die dritte und die vierte Geschichte dagegen bringen den eigentlichen Plot ein
gutes Stück nach vorne, auch wenn einigen meiner Lieblingsprotagonisten dabei
übel mitgespielt wurde. Besonders gut hat mir die dritte Geschichte gefallen,
obwohl die vierte mit mehr Action aufwarten konnte. Das absehbare bittere Ende
hat mir bei der letzten, ansonsten wirklich gut geschriebenen Geschichte den
Spaß genommen. „Enthüllungen“ ist für die Fans der „Vanguard“-Reihe ein „Must
have“. Wer mit der Reihe oder gar mit „Star Trek“ nichts anzufangen weiß, wird
ob der fehlenden Hintergrundinformationen aus den anderen Büchern ziemlich
verloren dastehen.
Star Trek – Vanguard 6: Enthüllungen
Film/Serien-Roman
Dayton
Ward, Kevin Dillmore, David Mack, Marco Palmieri
Cross Cult 2011
ISBN: 978-3941248106
400 S., Taschenbuch, deutsch
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