Mittwoch, 13. Mai 2015

Star Trek Titan 1 – Eine neue Ära

Mit den Worten „Die letzte Reise einer Generation beginnt…“ war seinerzeit mit einem Trailer für den zehnten „Star Trek“-Kinofilm „Nemesis“ geworben worden. Hier nun beginnt in Buchform im wahrsten Sinne des Wortes eine neue Ära – mit alten Bekannten, alten Feinden, aber vor allem neuen Herausforderungen. Es lohnt sich, einen Blick zu riskieren…

Dank des Cross-Cult-Verlags haben deutschsprachige Romane im „Star Trek“-Universum eine neue Perspektive bekommen. Nach dem gelungenen Auftakt mit „Star Trek – Vanguard“ folgt jetzt die Fortsetzung der Zeitline nach „Nemesis“ mit den Abenteuern des Raumschiffs Titan, deren neuer Kommandeur kein anderer als William T. Riker ist. Was in „Nemesis“ nur mit wenigen Worten angedeutet wurde, wird hier in Form gegossen. Und Rikers erstes eigenes Kommando ist wirklich bemerkenswert.

Inhaltlich beginnt die Handlung kurz nach den Ereignissen von „Nemesis“. Während sich der neue Captain mit seinem neuen Kommando anfreundet, breitet sich im romulanischen Imperium das Chaos aus. Durch den Tod Shinzons, dessen gewaltsame Machtergreifung den etablierten Regierungsapparat weitgehend ausgeschaltet hat und dessen Herrschaft nur wenige Tage dauerte, ist ein Machtvakuum entstanden, das mehrere Fraktionen zu füllen gedenken. Das Imperium steht am Rande eines Bürgerkrieges. Neben den Resten des Senats und des Militärs buhlen natürlich auch der gefürchtete Geheimdienst Tal Shiar und die Remaner um die Kontrolle. Die Föderation ist besorgt, dass ein völliger Zusammenbruch des Sternenimperiums das delikate Machtgefüge des Alpha- und Beta-Quadranten empfindlich stören könnte. Aus diesem Grunde wird die Forschungsreise der U.S.S. Titan verschoben, und Riker wird beauftragt Verhandlungen zu führen, um die Stabilität des Imperiums zu gewährleisten.

Ein wirres Intrigenspiel um die Macht entbrennt, und Riker und Konsorten müssen all ihr Geschick aufwenden, um zu verhindern, dass die Verhandlungen scheitern, bevor sie ernsthaft beginnen können. Dabei hat sich die Besatzung der Titan auch noch anderen internen Herausforderungen zu stellen. Das Schiff ist ein buchstäblicher Schmelztigel der unterschiedlichsten Rassen, und der Anteil der Menschen liegt bei lediglich 15% Hier wird das Vulkanische Motto „Infinite Diversity in Infinite Combinations“ praktisch auf die Spitze getrieben.

Ein Sammelsurium an exotischen Crewmitgliedern muss einen Weg finden, sich an ein neues Schiff und aneinander zu gewöhnen. Eine weibliche Ferengi, ein Bajoraner und ein Cardassianer sind nur ein paar der hier auftretenden Exoten, und bei weitem nicht die ungewöhnlichsten. Den ersten Preis gewinnt ohne Zweifel der leitende Medizinische Offizier, ein Echsenwesen, dessen Anwesenheit nicht nur bei Riker Unbehagen erweckt. Der gute Doktor scheint sich seiner Wirkung auf andere durchaus bewusst zu sein, schließlich kokettiert genauso oft mit diesem Umstand, wie er auch darunter leidet, dass die Crew ihm mit Unbehagen begegnet. Aber jedes Crewmitglied, welches einen Auftritt in der Handlung hat, wird mit viel Liebe zum Detail in Szene gesetzt. Stereotypen kann man hier mit der Lupe suchen.

Besonders gefreut hat mich, dass es den Autoren gelungen ist, Riker, Troy und andere Protagonisten, welche man bereits aus den Serien und Filmen kennt, glaubwürdig in Szene zu setzen. Besonders Rikers trockner Humor ist den beiden gut gelungen. Ansonsten findet man noch jede Menge Akteure aus den verschiedensten „Star Trek“-Serien und -Filmen, weitgehend aus Nebenrollen aber auch prominentere Personen, wie der Vulkanier Tuvok, bekommen ihren Auftritt. Von TNG über DS9 bis hin zu Voyager wird kräftig in den Fundus erinnungswürdiger Persönlichkeiten gegriffen, um dem Fan mit mehr oder minder vertrauten Namen das Gefühl zugeben, sich trotz aller Neuerungen auf bekannten Terrain zu bewegen. Außerdem spielt ein sehr bekannter Akteur aus der Originalserie eine nicht unwesentliche Rolle. Auch auf der romulanischen Seite wird nicht mit mehr oder minder guten Charakteren gegeizt, neben Tomalak und Senator Pardek, beides alte Antagonisten aus TNG, findet man Donatra und die Senatorin Tal Aura, beide bekannt aus „Nemesis“.

Gerade die Fülle von exotischen Personen und Ausnahmepersönlichkeiten, die im Verlauf der Handlung eingeführt werden, sorgt dafür, dass die Handlung nur langsam voran kommt. Gegen Mitte nimmt sie dann aber zunehmend Fahrt auf, und auch ein recht steiler Spannungsbogen macht den etwas dahinplätschernden Anfang mehr als wett.

Als der Name U.S.S. Titan das erste mal die Runde machte, spekulierten in etlichen Foren die „Star Trek“-Fans, um welche Art von Schiff es sich hier handeln sollte. Sehr viele Fans erwarteten ein gewaltiges Schiff mit genug Feuerkraft, um einen Borgkubus im Alleingang zu vaporisieren, schließlich war das bisher immer die Richtung in Film und Fernsehen gewesen. Zumal auch die Enterprise-E größer und besser bewaffnet war, als der unmittelbare Vorgänger der Galaxy Klasse. Stattdessen bekommt Riker das Kommando über ein Forschungsraumschiff, das nach dem Saturnmond Titan benannt ist und das über gerade mal 350 Besatzungsmitglieder verfügt. Die U.S.S. Titan ist alles andere als ein waffenstarres Kriegsschiff. Dies ist ein klares Signal, dass hier wirklich eine „Neue Ära“ am Ende einer konfliktreichen Dekade im „Star Trek“-Universum eingeläutet wird.

Dies wird auch im Zusatzmaterial in den Anhängen ersichtlich. Zum einen bekommt der geneigte Leser einen Einblick in die momentanen Probleme und Feinheiten der romulanischen Politik. Zum anderen wird das Dreigestirn – bestehend aus Captain Riker, Deanna Troi, die als Counselor und diplomatischer Offizier dient, und dem ersten Offizier Christine Vale – mit kurzen Lebensläufen vorgestellt. Den Anfang der Anhänge macht jedoch ein interessanter Exkurs in die Hintergründe dieser neuen Reihe und das neue Raumschiff.

Das Cover besticht durch eine gelungene Komposition, aber das Sahnehäubchen sind die ausklappbaren und farbigen Ansichten der U.S.S. Titan. Ein kleines Extra, welches mir auch schon in dieser Form bei den Abbildungen der Raumstation „Vanguard“ in „Der Vorbote“, sehr gefallen hat.

Fazit: „Eine neue Ära“ zeigt, dass hier Kenner des Franchise am Werk sind, die mit viel Liebe zum Detail den Auftakt zu einer neuen „Star Trek“-Reihe aus der Taufe gehoben haben, der dem ursprünglichen Konzept von Gene Roddenberry sehr nahe kommt. Die Handlung gewinnt nur langsam an Fahrt, da eine Fülle von Akteuren vorgestellt werden müssen, macht aber schließlich einen etwas schleppenden Anfang mehr als wett. Ein gelungener Start für eine Buchreihe zu einem Franchise, dem bereits der kreative Tod nachgesagt worden war. Jeder, der „Star Trek“-Fan ist, sollte unbedingt einen Blick riskieren. Aber auch Gelegenheitsleser, die kein gesondertes Interesse an „Star Trek“ haben, können auf ihre Kosten kommen.

Star Trek Titan 1 – Eine neue Ära
Film/Serien-Roman
Michael A. Martin, Andy Mangels
Cross Cult 2008
ISBN: 3941248014
379 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 12,80

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