Freitag, 22. Mai 2015

Star Trek – Destiny 3: Verlorene Seelen

Die „Destiny“-Trilogie kommt zu einem spektakulären Ende. Das Schicksal der Föderation hängt an einem seidenen Faden, und diesmal ist es wirklich Zeit für drastische Veränderungen.


„Panta rhei – Alles fließt.“ Dieser auf den Philosophen Heraklit zurückgehende Aphorismus trifft auf viele Belange des Lebens zu. Demzufolge ist alles ständig in Bewegung und immer Veränderungen unterworfen. Das genaue Gegenteil war für lange Zeit im „Star Trek“-Franchise der Fall. Die Romane im „Star Trek“-Universum durften den etablierten Kanon nicht verändern. Kein Hauptakteur – sei es nun Kirk, Spock, Picard, Riker oder Worf – durften sterben oder bleibenden Schaden nehmen. Auch durften kaum größere Veränderungen an den Schiffen oder der Föderation vorgenommen werden. Am Ende der Geschichte blieb alles beim Alten. So als ob Nichts geschehen wäre. Lange Zeit war es Autoren auch verwehrt, eigene Hauptcharakter zu erschaffen und eigene Persönlichkeiten die unendlichen Weiten des Alls erforschen zu lassen. 

In den letzten Jahren hat sich da einiges getan. Mit dem elften Kinofilm hat sich der Kanon zu einem Großteil aus der bisherigen Zeitlinie verabschiedet. Damit öffnet sich ein weites Feld, in dem nun einschneidende Veränderungen auch bei den Hauptcharakteren möglich sind. Picard geht mit Beverly Crusher eine Beziehung ein und sieht Vaterfreuden entgegen. Riker lebt seine Beziehung mit Deanna Troy mit ihren Höhen und Tiefen aus. Die Autoren nutzen ihre neugewonnene Freiheiten weidlich aus. Zwar ist es unwahrscheinlich, dass Sympathieträger wie Jean-Luc Picard massakriert werden, aber nun ist eine Menge mehr möglich, auch in Bezug auf das gesamte etablierte Setting. Im letzten Band des Crossovers „Destiny“ nutzt David Mack die Gelegenheit, das Gesicht der gesamten Föderation und der anderen Mächte des Quadranten und im weiteren Sinne der gesamten Galaxis grundlegend und nachhaltig zu verändern. 

Der Vernichtungsfeldzug der Borg macht auch vor bedeutenden Heimatwelten wie Vulkan, Andor, Qo’noS und der Erde nicht halt. Um zu verhindern, dass die kybernetischen Zombies den Quadranten in Schutt und Asche legen, sieht sich die Sternenflotte genötigt, über den Einsatz von Waffen nachzudenken, die als Massenvernichtungswaffen eingestuft und allgemein geächtet sind. Besonders Seven of Nine und Captain Picard müssen sich mit diesen moralisch bedenklichen Fragen befassen. Seven geht die Sache dabei typisch technokratisch an. Picard hat andere, persönlichere Beweggründe, die ihn den Einsatz dieser Waffen befürworten lassen, was ihn direkt in den Konflikt mit Geordi LaForge bringt. 

Die ehemalige Kommandantin des Erdraumschiff Columbia, Erika Hernandez, die mit Rikers Titan aus der Gefangenschaft der Caeliar entkommen ist, stellt unterdessen überrascht fest, dass sie das Borg-Kollektiv wahrnehmen kann. Diese Tatsache bringt die Captains der Enterprise, der Titan und der Aventine dazu, einen verzweifelten Plan in Gang zu setzen, um das scheinbar Unvermeidliche doch noch abzuwenden. Auf der neuen Heimatwelt der Caeliar ergeben sich indessen neue Probleme für das Außenteam der Titan, als sich der Zustand von Deanna Troi und ihres ungeborenen Kindes immer mehr verschlechtert. 

In einem von dieser Handlung sowohl zeitlich als auch räumlich abgekoppelten Erzählstrang erfährt der Leser alles über das Schicksal der restlichen Besatzungsmitglieder des Erdraumschiffs Columbia, deren Schicksal seit dem ersten Band der Trilogie ungeklärt war. Im Laufe der dort geschilderten Tragödie werden einige erstaunliche Dinge offenbart. Zugleich sind die Caeliar schließlich gezwungen, ihren Elfenbeinturm zu verlassen und sich ebenfalls mit den Borg zu befassen. Was dann passiert? Ja, das wird nicht verraten. Ich persönlich fand die Geschichte richtig gut erzählt. Die Diskussion zwischen Picard und Geordi dagegen empfand ich als etwas unglaubwürdig, da Picard sich sonst auch immer auf das hohe moralische Ross schwingt und solche „Radikallösungen“ ablehnt. Die Borg verbleiben auch hier nur im Hintergrund als gesichtslose Masse, als Moloch der alles zu verschlingen droht. Selbst die Borgkönigin weist keine tiefer gehenden charakterisierenden Eigenschaften auf. 

Was ich diesmal vermisst habe, war ein Essay, das der CrossCult-Verlag bei den bisherigen Büchern der Trilogie beigefügt hatte. Ich hätte mich auch über ein Interview mit David Mack gefreut. Stattdessen gibt es eine Leseprobe aus „Die Gesetze der Föderation“. Das hat mich dann doch schon etwas enttäuscht. 

Fazit: „Verlorene Seelen“ bringt die Trilogie zu einem würdigen und bombastisch in Szene gesetzten Ende. Es geht richtig zur Sache – mit enormen Kollateralschäden und Milliarden von Toten. Das war schon fast zu viel des Guten, aber vielleicht war das einfach nur ungewohnt, schließlich wurde das althergebrachte Franchise nur sehr selten derart in seinen Grundfesten erschüttert. Es ist (mal wieder) die Stunde für verzweifelte Aktionen und viel Pathos. David Mack lieferte für die ganze Trilogie handwerklich sehr gut gemachte Romane ab, die mühelos Dutzende von Akteuren unter einen Hut bringt. Bei der Fülle kommen natürlich manche Protagonisten zu kurz, aber dieses Manko hatten auch schon die anderen beiden Bände. Dieser Roman ist ein absolutes Muss, denn hier findet eine Zäsur statt in „Star Trek“ statt, die tiefgreifender nicht sein könnte.

Star Trek – Destiny 3: Verlorene Seelen 
Film/Serien-Roman
David Mack
Cross Cult 2010
ISBN: 978-3941248854 
430 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 12,80


bei amazon.de bestellen
als E-Book bei amazon.de bestellen

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen