Mit den Worten „Die letzte Reise einer Generation beginnt…“
war seinerzeit mit einem Trailer für den zehnten „Star Trek“-Kinofilm „Nemesis“
geworben worden. Hier nun beginnt in Buchform im wahrsten Sinne des Wortes eine
neue Ära – mit alten Bekannten, alten Feinden, aber vor allem neuen
Herausforderungen. Es lohnt sich, einen Blick zu riskieren…
Dank des Cross-Cult-Verlags haben deutschsprachige Romane im
„Star Trek“-Universum eine neue Perspektive bekommen. Nach dem gelungenen
Auftakt mit „Star Trek – Vanguard“ folgt jetzt die Fortsetzung der Zeitline
nach „Nemesis“ mit den Abenteuern des Raumschiffs Titan, deren neuer Kommandeur
kein anderer als William T. Riker ist. Was in „Nemesis“ nur mit wenigen Worten
angedeutet wurde, wird hier in Form gegossen. Und Rikers erstes eigenes
Kommando ist wirklich bemerkenswert.
Inhaltlich beginnt die Handlung kurz nach den Ereignissen
von „Nemesis“. Während sich der neue Captain mit seinem neuen Kommando
anfreundet, breitet sich im romulanischen Imperium das Chaos aus. Durch den Tod
Shinzons, dessen gewaltsame Machtergreifung den etablierten Regierungsapparat
weitgehend ausgeschaltet hat und dessen Herrschaft nur wenige Tage dauerte, ist
ein Machtvakuum entstanden, das mehrere Fraktionen zu füllen gedenken. Das
Imperium steht am Rande eines Bürgerkrieges. Neben den Resten des Senats und
des Militärs buhlen natürlich auch der gefürchtete Geheimdienst Tal Shiar und
die Remaner um die Kontrolle. Die Föderation ist besorgt, dass ein völliger
Zusammenbruch des Sternenimperiums das delikate Machtgefüge des Alpha- und
Beta-Quadranten empfindlich stören könnte. Aus diesem Grunde wird die
Forschungsreise der U.S.S. Titan verschoben, und Riker wird beauftragt
Verhandlungen zu führen, um die Stabilität des Imperiums zu gewährleisten.
Ein wirres Intrigenspiel um die Macht entbrennt, und Riker
und Konsorten müssen all ihr Geschick aufwenden, um zu verhindern, dass die
Verhandlungen scheitern, bevor sie ernsthaft beginnen können. Dabei hat sich
die Besatzung der Titan auch noch anderen internen Herausforderungen zu
stellen. Das Schiff ist ein buchstäblicher Schmelztigel der unterschiedlichsten
Rassen, und der Anteil der Menschen liegt bei lediglich 15% Hier wird das
Vulkanische Motto „Infinite Diversity in Infinite Combinations“ praktisch auf
die Spitze getrieben.
Ein Sammelsurium an exotischen Crewmitgliedern muss einen
Weg finden, sich an ein neues Schiff und aneinander zu gewöhnen. Eine weibliche
Ferengi, ein Bajoraner und ein Cardassianer sind nur ein paar der hier
auftretenden Exoten, und bei weitem nicht die ungewöhnlichsten. Den ersten
Preis gewinnt ohne Zweifel der leitende Medizinische Offizier, ein Echsenwesen,
dessen Anwesenheit nicht nur bei Riker Unbehagen erweckt. Der gute Doktor
scheint sich seiner Wirkung auf andere durchaus bewusst zu sein, schließlich
kokettiert genauso oft mit diesem Umstand, wie er auch darunter leidet, dass
die Crew ihm mit Unbehagen begegnet. Aber jedes Crewmitglied, welches einen
Auftritt in der Handlung hat, wird mit viel Liebe zum Detail in Szene gesetzt.
Stereotypen kann man hier mit der Lupe suchen.
Besonders gefreut hat mich, dass es den Autoren gelungen
ist, Riker, Troy und andere Protagonisten, welche man bereits aus den Serien
und Filmen kennt, glaubwürdig in Szene zu setzen. Besonders Rikers trockner
Humor ist den beiden gut gelungen. Ansonsten findet man noch jede Menge Akteure
aus den verschiedensten „Star Trek“-Serien und -Filmen, weitgehend aus
Nebenrollen aber auch prominentere Personen, wie der Vulkanier Tuvok, bekommen
ihren Auftritt. Von TNG über DS9 bis hin zu Voyager wird kräftig in den Fundus
erinnungswürdiger Persönlichkeiten gegriffen, um dem Fan mit mehr oder minder
vertrauten Namen das Gefühl zugeben, sich trotz aller Neuerungen auf bekannten
Terrain zu bewegen. Außerdem spielt ein sehr bekannter Akteur aus der
Originalserie eine nicht unwesentliche Rolle. Auch auf der romulanischen Seite
wird nicht mit mehr oder minder guten Charakteren gegeizt, neben Tomalak und
Senator Pardek, beides alte Antagonisten aus TNG, findet man Donatra und die
Senatorin Tal Aura, beide bekannt aus „Nemesis“.
Gerade die Fülle von exotischen Personen und
Ausnahmepersönlichkeiten, die im Verlauf der Handlung eingeführt werden, sorgt
dafür, dass die Handlung nur langsam voran kommt. Gegen Mitte nimmt sie dann
aber zunehmend Fahrt auf, und auch ein recht steiler Spannungsbogen macht den
etwas dahinplätschernden Anfang mehr als wett.
Als der Name U.S.S. Titan das erste mal die Runde machte,
spekulierten in etlichen Foren die „Star Trek“-Fans, um welche Art von Schiff
es sich hier handeln sollte. Sehr viele Fans erwarteten ein gewaltiges Schiff
mit genug Feuerkraft, um einen Borgkubus im Alleingang zu vaporisieren,
schließlich war das bisher immer die Richtung in Film und Fernsehen gewesen.
Zumal auch die Enterprise-E größer und besser bewaffnet war, als der
unmittelbare Vorgänger der Galaxy Klasse. Stattdessen bekommt Riker das
Kommando über ein Forschungsraumschiff, das nach dem Saturnmond Titan benannt
ist und das über gerade mal 350 Besatzungsmitglieder verfügt. Die U.S.S. Titan
ist alles andere als ein waffenstarres Kriegsschiff. Dies ist ein klares
Signal, dass hier wirklich eine „Neue Ära“ am Ende einer konfliktreichen Dekade
im „Star Trek“-Universum eingeläutet wird.
Dies wird auch im Zusatzmaterial in den Anhängen
ersichtlich. Zum einen bekommt der geneigte Leser einen Einblick in die
momentanen Probleme und Feinheiten der romulanischen Politik. Zum anderen wird
das Dreigestirn – bestehend aus Captain Riker, Deanna Troi, die als Counselor
und diplomatischer Offizier dient, und dem ersten Offizier Christine Vale – mit
kurzen Lebensläufen vorgestellt. Den Anfang der Anhänge macht jedoch ein
interessanter Exkurs in die Hintergründe dieser neuen Reihe und das neue
Raumschiff.
Das Cover besticht durch eine gelungene Komposition, aber
das Sahnehäubchen sind die ausklappbaren und farbigen Ansichten der U.S.S.
Titan. Ein kleines Extra, welches mir auch schon in dieser Form bei den
Abbildungen der Raumstation „Vanguard“ in „Der Vorbote“, sehr gefallen hat.
Fazit: „Eine neue Ära“ zeigt, dass hier Kenner des Franchise
am Werk sind, die mit viel Liebe zum Detail den Auftakt zu einer neuen „Star
Trek“-Reihe aus der Taufe gehoben haben, der dem ursprünglichen Konzept von
Gene Roddenberry sehr nahe kommt. Die Handlung gewinnt nur langsam an Fahrt, da
eine Fülle von Akteuren vorgestellt werden müssen, macht aber schließlich einen
etwas schleppenden Anfang mehr als wett. Ein gelungener Start für eine
Buchreihe zu einem Franchise, dem bereits der kreative Tod nachgesagt worden
war. Jeder, der „Star Trek“-Fan ist, sollte unbedingt einen Blick riskieren.
Aber auch Gelegenheitsleser, die kein gesondertes Interesse an „Star Trek“
haben, können auf ihre Kosten kommen.
Star Trek Titan 1 – Eine neue Ära
Film/Serien-Roman
Michael A.
Martin, Andy Mangels
Cross Cult
2008
ISBN: 3941248014
379 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 12,80